Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, gute Fragen zu stellen. So helfen Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, an den richtigen Themen zu arbeiten.
Aus der Kantine kommend stehen wir mit der Verkaufschefin im Aufzug. Eine Etage weiter steigt der CEO zu: „Gut, Sie hier zu sehen. Sagen Sie mal: warum sind eigentlich die Zahlen im letzten Monat so eingebrochen?“ – „Gute Frage…“
Falls Sie CEO sind, wissen Sie, was Sie mit solchen Fragen „anrichten“?
In diesem konkreten Fall bittet die Verkaufschefin ihre Assistenz, die Standorte
anzuschreiben: „Wir brauchen eine Erklärung dazu. Unbedingt mit der Brücke von Forecast zu Actuals. Herr Ostermann soll das koordinieren und daraus bis morgen
Abend eine vorstandstaugliche Präsentation machen. Wenn es Probleme mit dieser
Zeitleiste gibt, dann möchte ich das heute noch wissen“.
Um kurz nach Eins lautet Herr Ostermanns Einschätzung: Peking wird erst sagen, dass sie mit der Zeitleiste hinkommen, wenn der Bericht lokal abgesegnet ist. Portugal mauert gerade. Den Jungs aus Raleigh wird er sich „auf den Schoß setzen“ müssen. An jedem Standort muss er jemanden beauftragen und „haftbar“ machen. Derjenige wird sich Rückendeckung holen – man weiß nie, wie so ein Bumerang aus dem
Hauptquartier wieder zurückkommt.
Schließlich wird Herr Ostermann all diese Darstellungen zu einem Report zusammensetzen. Dafür wird er „frei Hand“ interpretieren müssen, was wieder dazu führt, dass die Standorte letztlich nicht hinter seinem Bericht stehen werden… Er veranschlagt über die acht Standorte jeweils mindestens 10 Arbeitsstunden mit Recherche, Absprachen, Erstellung und Freigaben. Achtzig Stunden in Summe also, ein halber „Mann-Monat“.
Und das Ergebnis – am übernächsten Tag übrigens? Im langjährigen Mittel sinken im April die Verkaufszahlen im Vergleich zum Vormonat immer um etwa 5%. Dieses Jahr war es doppelt so viel. Das stand auch in den Vorhersagen bis Februar so drin. Da gab
es auf Intervention des CFO hin ein ‚top-down-adjustment‘, sodass der März-Forecast wieder optimistischer aussah. Allerdings wurden diese Anpassungen nicht mit Maßnahmen hinterlegt. Die Standorte hatten sich deshalb auch nie zu den Zahlen „committed“.
Zählen Sie also getrost noch ein paar Stunden von Herrn Ostermann und der Verkaufschefin hinzu, um das so zu präsentieren, dass niemandem auf die Füße getreten wird…
Angesichts dieser Kettenreaktion, möchten Sie das nächste Mal im Aufzug nicht vielleicht doch lieber über das Kantinenessen sprechen? – Gute Frage …