Vor einen knappen Jahr hat mich Rachid gefragt: woher weiß ich eigentlich, wie gut ich als Fabrikleiter bin? Auf Nachfrage kam heraus, dass es ihm nicht einfach nur um den Grad der Zielerreichung ging. „Nur die Ergebnisse zu betrachten erscheint mir ein zu einfacher Ansatz“, hatte er gesagt. Ihm ging es um die Methoden, mit denen diese Ziele nachhaltig erreicht werden, „Exzellenz im Tagesgeschäft“ nannte er das. Die Rädchen müssten sich jeden Tag wie geölt drehen. „Können Sie mir helfen herauszufinden, wie gut ich dazu beitrage?“
Bei der Durchsicht von zumeist englischsprachiger Literatur
bin ich auf folgende Themen gestoßen:
– Prozessschwankungen erkennen und adressieren (v.a. „special cause variation“)
– Prozess der täglichen Verantwortung („Daily Accountability Process“)
– Arbeitsstandards für Führungskräfte („Leadership standard work“)
– Diszipliniertes Denken, diszipliniertes Handeln
– Visuelle Steuerung („Visual controls“)
– Tägliche „Gemba-Walks“
– Schnelles Problemlösen
– Entscheidungsfindung
– Informationsfluss
– Eskalation
– 5S.
Dazu hier ein paar Notizen:
Prozessschwankungen erkennen und adressieren:
Wie sorgen Sie dafür, dass Sie spezielle und allgemeine Ursachen von täglichen Schwankungen auseinander halten können? Wie setzen Sie die so gewonnen Erkenntnisse in Aktionen um?
Tägliche Verantwortung als Prozess:
Wie sieht die „Kaskade“ der täglichen Besprechungen aus? Wo wird was autonom entschieden? Wie bauen diese Gremien aufeinander auf und ergänzen sich? Was wird wie schnell delegiert und eskaliert – und dort auch erledigt?
Arbeitsstandards der Führungskraft:
Welche täglichen Führungsstandards halten Führungskräfte bei Ihnen ein? Wieviel ihrer Zeit verbringen Sie mit diesen Standards? Wie „coachen“ sich Führungskräfte gegenseitig und ihre Mitarbeiter in der Einhaltung ihrer jeweiligen Standards?
Diszipliniertes Denken und Handeln:
Wieviel Zeit schaffen Sie sich, um zu „denken“? Wie kontrollieren Sie die Effektivität Ihres eigenen Denkens und wie verbessern Sie es ständig? Wie denken Sie im Team nach? Wieviel Zeit gibt es dafür? Welche Züge disziplinierten Handelns nimmt Ihr Umfeld an Ihnen wahr?
Visuelle Steuerung:
Wie stellen Sie sicher, dass Abläufe und Besprechungen in Ihrem Zuständigkeitsbereich über weithin sichtbare und intuitiv verständliche visuelle Signale gesteuert werden?
Tägliche Gemba-Walks:
Wieviel Zeit verbringen Sie „am Ort des Geschehens“, also der Wertschöpfung?
Wie nutzen Sie diese Zeit? Wie kommunizieren und coachen Sie während dieser
„Walks“?
Schnelles Problemlösen:
Wie erkennen und beschreiben Mitarbeiter in Ihrem Zuständigkeitsbereich Probleme? Wie werden diese Probleme kategorisiert, um die jeweils richtige Lösungsmethode zu verwenden? Wie werden sofort lösbare Probleme als solche erkannt und auch sofort gelöst?
Entscheidungsfindung:
Wie treffen Sie schnell Entscheidungen? Wie überprüfen Sie später, wie gut
diese Entscheidungen waren? Wie werden diese Entscheidungen vorbereitet?
Informationsfluss:
In welche Richtungen sollen bei Ihnen welche Informationen fließen? Wie sorgen
Sie dafür, dass dies auch geschieht? Wie erkennen Sie, wenn das nicht
ausreichend passiert?
Eskalation:
Wie erkennen Sie, welche Themen an die nächst-höhere Ebene delegiert und dort
bearbeitet werden müssen? Wie schnell geschieht dies? Wer ist für das „Versenden“
und „Empfangen“ von Eskalationen zuständig?
5S:
Wie stellen Sie sicher, dass in Ihrem Einflussbereich die Spreu vom Weizen getrennt ist, sichtbare Ordnung herrscht, dass sie sauber sind, dass für alles einfach
Standards vorhanden sind und dass diese Bereiche sich von selbst ständig
verbessern?
Mit Rachid haben wir daraus ein „Assessment“ gebaut und für ihn so einige sehr interessante Verbesserungsmöglichkeiten herausarbeiten können. Je länger ich aber mit Fabrikleitern wie Rachid arbeite, umso mehr frage ich mich: liegt der deutlich größere Hebel für „Exzellenz im Tagesgeschäft“ nicht im sogenannten transaktionalen Bereich, im Büro also – und nicht in der Fertigung?