Strategie = Vision + Weg dorthin + Aktion dafür + Richtlinien dabei.
Weder Strategie noch Vision „fallen vom Himmel“. Sie basieren vielmehr auf Einsichten. Toyota hatte sehr früh die Einsicht, dass „irgendwann das Elektroauto kommt“. Man hat lange vor anderen an den Komponenten gearbeitet, die schließlich den Prius ermöglichten.
Fragen Sie also, auf welchen strategischen Einsichten Ihre Vision basiert. Beschaffen Sie sich die Zahlen, Daten und Fakten dafür und klopfen Sie damit Ihre Vision ab. Aber wie kommt man eigentlich zu den Einsichten? Das ist eine längere Geschichte. Methodisch verwenden Sie z.B. „Porter’s Five Forces“, die Igor-Ansoff-Matrix, die „S-Kurve“. Sie kommen aber auch nicht an „Zufallsfunden“ und damit vor allem an Lektüre, aber auch an Gesprächen, Konferenzen und anderen Quellen für Ideen und Einsichten vorbei.
Wenn die Vision ein „greifbares Bild der Zukunft“ ist, dann müssen sich aus ihr gute Ziele ableiten lassen. Schauen Sie sich Ihre Ziele an: Wie gut bilden diese Ihre Vision ab? Wie stimmig sind sie untereinander? Wie „ausbalanciert“ sind sie, z.B. im Sinne der „Balanced Scorecard“? Bieten sie schon heute einen guten Leitfaden für die tägliche Arbeit? Stehen sie im Einklang mit Ihrem Geschäftsmodell? Sind sie „SMART“? Eine Zukunftsvision ist nur so gut, wie die Ziele, die sich heute schon aus ihr ableiten lassen.
Eine Vision muss auch für Menschen gemacht sein. Wen wollen Sie ansprechen? Antike Redner von Perikles bis Cicero empfehlen die Richtlinien Logos, Pathos, Ethos. Eine Vision muss Menschen logisch überzeugen und „Sinn stiften“. Sie muss auch emotional überzeugen (Pathos). Welche Emotionen wollen Sie ansprechen? Ein Beispiel. Wenn wir das Motto als die Kurzform einer Vision betrachten, dann spricht das Motto von Pepsi „Beat Coke“ den Kampfgeist an und so in gewisser Hinsicht die Aggression. Griechisch „ἦθος“ (Ethos) lässt sich mit „Charakter“ und mit „Ethik“ übersetzen.Eine Vision muss zum „Charakter“ der angesprochenen Menschen passen und zu dem Ihres Unternehmens. Was ist überhaupt der Charakter Ihres Unternehmens? Die Vision muss auch ethisch richtig sein und für „die gute Sache“ stehen. Produzenten alternativer Energie wollen unter anderem dadurch überzeugen. Die antike Denker haben noch ein viertes Kriterium bereitgestellt: das Schöne. Ihre Vision muss schön sein und gut klingen. Menschen sollten sich gerne an sie erinnern, sie ist auch eingängig. Eine gute Vision ist deshalb ein handwerkliches Meisterstück der Formulierungskunst.
Eine gute Vision wirkt positiv und inspirierend auf Menschen. Anders als ein Motto ist sie umfassend und genau: eine Mitarbeiterin im Verkauf oder der Entwicklungsabteilung weiß, was diese Vision für sie konkret bedeutet. Sie muss das Bestehende „umkrempeln“ – und wird schnell vergessen, wenn sie zu wenig Veränderung fordert. Nicht zuletzt muss die Führung sichtbar hinter der Vision stehen, sie tragen – und alle müssen sie teilen können…
Nicht zuletzt stellt eine Vision aber auch eine Wahl dar. Wir „verzetteln uns“, wenn wir alles wollen: glückliche Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Eigentümer, zukünftige Generationen. Wenn alles gleich wichtig ist, dann haben wir keine Richtschnur. Wir müssen deshalb einige „Wetten“ abschließen: wir glauben, dass immer mehr Menschen auf der Welt alt werden – zum Beispiel. Wenn die Wahl nicht hart erscheint, dann haben wir vermutlich keine gute Vision. Und wenn die Wette nicht riskant erscheint, dann vermutlich auch nicht. Leider gilt der Umkehrschluss nicht…
Warum gehen Sie nicht jetzt gleich die Eingangshalle und lesen Sie sich „Unsere Vision“ noch einmal durch?