Können Sie „analytischen Konkurrenten“ Paroli bieten?

Hal Varian (Chief Economist von Google) sagt: (externer Link) „der Traumberuf der 2010er Jahre ist Statistiker/-in“. Denn Daten seien „allgegenwärtig und billig“. Aber selten und somit wertvoll sei das Talent, diesen Daten ihre Geschichte zu entlocken. „Competing on Analytics“ (externer Link) mahnt schon seit 2007: es handelt sich hier um eine Geschäftsmodell-Innovation – ein Thema für die „C-Suite“ also.

Harvard Business Review ((externer LinkHBR, April 2012, S. 23) fasst nach: „Gute Daten sind nicht gleichbedeutend mit guten Entscheidungen“. Firmen geben Millionen aus für Daten – und legen sie dann „auf Sharepoint“ ab, in der Hoffnung, Daten seien das versprochene „neue Öl“ („the new oil“).  Weit gefehlt: „data are the new soil“ (externer LinkMcCandless) , der neue “Ackerboden”, den es fruchtbar zu machen gilt. Laut HBR müssen Daten dafür genau so sorgfältig geführt werden wie Talent oder die eigene Marke. Viele Publikationen umreißen die Tragweite dieses Trends hin zu mehr „Analytics“. – Ist er Ihnen übrigens bei der Samstags-Sportschau aufgefallen? Der schon zitierte HBR („The New Science of Building Great Teams“, S. 61ff) sieht die Analyse von hunderten soziometrischer Daten pro Minute sogar bei der Verbesserung von Teamarbeit …

Es ist nicht so lange her, da konnten Parketthändler noch die Entwicklung der Aktienkurse an der Länge der Miniröcke in New Yorker U-Bahnen ablesen. Diese
„Bauchgefühl-Menschen“ sind längst durch „Quants“ abgelöst worden.

Philips hat erfolgreich mit seinem „Smartistics“-Programm ((externe Links, der zweite auf Youtube: Artikel, Video) „fact based decision making“ im Marketing eingeführt, um aus Unmengen von „auf Sharepoint“ verfügbaren Marktforschungsdaten – zum Teil erheblichen – Wert zu schöpfen. Ich war neulich in ähnlicher Mission in Kuwait: „make my data tell their story“.

Wie Sie Ihr Unternehmen auf „Analytics“ ausrichten können? „Gnothi seauton“ (externer Link) sagt das Delphische Orakel – hier einmal frei übersetzt mit: „fangen Sie bei sich selbst an“. Geben Sie diese (externer Linkauf Daten basierende Strategie frei? Sie werden so vermutlich über 10% Deckungsbeitrag „auf der Straße liegen lassen“. Zugegeben: eine Spezialistin in Ihrer Entwicklungs- oder Qualitätsabteilung würde das Potenzial finden. Aber Ihre Geschäftsprozesse binden diese Expertise nicht in die entscheidende Quartalsdurchsprache ein. Und das wäre auch nur „Schritt 2“ von fünfen hin zu „analytischer Wettbewerbsfähigkeit“.

Um ein Verständnis der Dinglichkeit in ihrem Führungskreis zu erzeugen,
unterziehen sich manche Unternehmen einem „Assessment“: wie
gut sind wir aufgestellt im Wettbewerb mit „analytischen Konkurrenten“? Denn
jede erfolgreiche Veränderung beginnt laut John Kotter mit einer geteilten Wahrnehmung der Dringlichkeit ((externer LinkWhy Transformation Efforts Fail).

Wir sind überzeugt, dass auch Sie Dringlichkeit erzeugen müssen, damit Ihr Unternehmen nicht von „Quants“ unter der Konkurrenz ausgehebelt wird.

Ein „Flugsimulator“ für Veränderungen in Unternehmen?

Leading Change – Veränderungen führen. Da sind wir alle gut drin. So wie Auto fahren. Und wenn es doch einmal schief geht? Die Strategie war zumindest gut! Das Problem war die Umsetzung. „Das mittlere Management hat nicht mitgezogen“.  – Wir kennen das, oder? Aber darum geht es nicht. Es darf oft nicht schief gehen. Punkt.

Mit Werner arbeite ich schon eine Weile zusammen. Er hat sich bei einem Vorstellungsgespräch sehr gut verkauft. Jetzt sitzt er bei spektakulärer Aussicht inmitten gediegener Büroeinrichtung. Er soll „den großen Wurf“ bewirken. Hier ist sein „Cockpit“, von wo aus er „den Jumbo“ lenken wird, wie er sagt. Etwas mulmig ist ihm bei dem Gedanken, dass er im Gegensatz zu Piloten viele Steuerknüppel zur Verfügung hat: Email, Memo, Vollversammlung, Meeting, Einzelgespräch – und so weiter. „Damit muss ich die Leute an Bord kriegen“, erklärt er sein Problem.

Werner hat noch nie einen „Jumbo“ geflogen – um bei seinem Bild zu bleiben. Eine Abteilung geleitet hat er, Projekte auch schon. Sportflugzeuge geflogen sozusagen. „Einfach rein“, sagt er, um sich Mut zu machen, „die Triebwerke anlassen und durchstarten“.

Eine Fluglinie kann sich „learning by doing“ nicht leisten. Unternehmen bei  Veränderungsprozessen auch nicht.

In Sachen Aerodynamik sind die Ursache-Wirkungsverhältnisse verstanden. Es gibt
aufwendige Flugsimulatoren, die z.B. den Landeanflug auf Hongkong realistisch darstellen. Nach Eignungsprüfung und Theorie-Unterricht lernen Piloten im Simulator. Nicht durch „learning by doing“.

Auch bei „Change“ sind inzwischen die Ursache-Wirkungsbeziehungen so gut verstanden, dass sie sich modellieren lassen. Es gibt tatsächlich (externer Link)„Flugsimulatoren“ für Change Management. Diese gilt es richtig einzusetzen. Dann kann man Werners Problem als „gelöst“ betrachten. Nur den Jumbo fliegen muss er noch selbst. Allerdings startet Werner jetzt nicht „einfach durch“. Denn im Simulator hat er sein bisheriges Vorgehen als riskant erkannt…

Wie Menschen gerne Probleme lösen

Ich möchte noch einmal auf das Thema „diversity“ beim Lösen von Problemen zurück kommen.

Unser Sprachgebrauch setzt „Innovation“ und „das Schaffen von Neuem“ gleich. Für bahnbrechende Neuerungen glauben wir, stets „out of the box“ denken zu müssen. Dieses Denkmuster halte ich nicht nur falsch sondern für geradezu schädlich:
1) „Breakthrough thinking“ kommt durchaus auch von „inside the box“ (externer LinkHBR, Dez 2007).
2) Menschen mit einer gewissen Art von Kreativität werden dadurch ausgegrenzt.
Wer das übersieht, verpasst Chancen.

Prof. Dr. Kirton (externer Link) aus England beschäftigt sich seit über 40 Jahren damit, wie Menschen Probleme lösen. Sie tun das mehr „innovativ“ (das bestehende System als Ganzes hinterfragen) oder mehr „adaptiv“ (Eigenschaften des bestehenden Systems besser
nutzen). Wenn wir dieses „Wie“ beurteilen, verwechseln wir häufig den Stil der
Problemlösung und das Können.

Seit Anfang 2010 befasse ich mich intensiv mit adaptiver und innovativer Problemlösung. Die persönliche Neigung dabei lässt sich mittels eines psychometrischen Instruments zuverlässig messen. Gerade in Produktentwicklungs- oder Verbesserungsteams hilft die zugrunde liegende Kirton-Adaption-Innovation („KAI“) Theorie, Kreativität und Team-Dynamik zu fördern. Das lässt sich an (externer Linkeinfachen Simulationen erleben. Die wesentlichen Elemente sind in einem  (externer LinkWebinar (auf englisch) zusammen gefasst. Und es führt zu weitreichenden Konsequenzen: Tesla hat Probleme vor allem innovativ gelöst. Er konnte sich erst frei entfalten, als er sich von dem adaptiven Genie Edison trennte.

Letztlich läuft es bei KAI auf das Delphische (externer Link) „Gnothi seauton“ hinaus: Erkenne dich selbst (Schritt 1). Erst dann wirst du den Unterschied zu anderen Menschen wahrnehmen lernen (Schritt 2). Und das ist die Voraussetzung
dafür, die Unterschiede wertzuschätzen (Schritt 3). Nur so verwechselt man
nicht Stil und Können.
Und nur so grenzt man einen Edison nicht aus, weil er seine Idee der Glühbirne „nur inside the box“ verbessert. Und in einer von Edison dominierten Welt verliert man Tesla nicht. Wichtige – und leider sehr vernachlässigte – Aufgaben in Unternehmen.

Vier Mantras beim Lösen von Problemen

Diese „Vier Mantras“ haben wir in einem Gespräch nach einem (externer LinkInnovations-Workshop erschlossen. Sie stammen zwar aus dem „acquis communautaire“ von (externer LinkBMGI, aber erst unser Gespräch hat diese Klarheit verschafft.

Probleme müssen als solche anerkannt werden. „Wir haben keine Probleme, höchstens Herausforderungen“ – diese Grundhaltung macht blind.  „Sehen“ lernt man über bekannte „how-to“ Werkzeuge: wie definiere ich Probleme? Wie kommuniziere ich sie – und so weiter.

Das zweite Mantra wird nur zu häufig übersehen: das Gehirn ist ein „Muskel“. Muskeln müssen trainiert und vor großen Anstrengungen gelockert werden. Einseitiges Training kann zu Haltungsschäden führen. Die Analogie des „Gehirns als Muskel“ trägt sehr weit.

Ähnlich wie „out of the box“-Denken ist auch „connecting the dots“ etwas, wozu man Menschen nicht einfach auffordern kann. Was ist DIE Voraussetzung, um Punkte zu einem neuen Bild verbinden zu können? – Nur wer viele „Punkte“ hat, der findet originelle Verbindungslinien.

Connecting the dots - originelle Verbindungslinien sehen (Daria, 5 Jahre)

Connecting the dots – originelle Verbindungslinien sehen (Daria, 5 Jahre)

„Nein, zum Lesen habe ich keine Zeit“, bringt manch einer mit Stolz vor. Eine unausgewogene Nahrung ist schlecht für die Leistungsfähigkeit der Muskeln. Eine unausgewogene Versorgung mit „Dots“ ist schlecht für die Kreativität unseres Gehirns. Und bei zu wenigen „Dots“ liefert dieses magere Ergebnisse.

Zuletzt das Mantra „diversity“ . Wir kennen die einschlägigen Poster an der Wand. Gemeint ist hier aber etwas anderes: wie lösen Menschen gerne Probleme? Gut 50
Jahre Forschung, vor allem durch (externer LinkProf. Dr. Michael Kirton aus England, haben gezeigt, dass sich die Vorlieben der Menschen beim Lösen von Problemen auf einem Kontinuum unterschiedlicher Herangehensweisen finden: mehr „aus dem bestehenden System heraus“ oder mehr „durch Ablösung des bestehenden Systems“ (adaptive oder innovative Problemlösung). Da wir vorher nicht wissen, welche
Vorgehensweise zum Erfolg führt, brauchen wir immer verschiedene Stilrichtungen
in einem Team.

Beim Lösen von Problemen, so glauben wir nun, geht es vor allem um diese vier Mantras.

(Dieser Blogeintrag wurde später zu einem Artikel auf – externer Link  Ezinearticles.)

„Veni – vidi – vici“ oder das Problem aller Roadmaps der Problemlösung

Alle wissen: eine anstatt keiner Methode zu verwenden steigert die Erfolgschancen. Aber welche Methode? Acht Schritte bei größeren Veränderungen (J. Kotter), fünf bei Verbesserungsprojekten (DMAIC), fünf bei Design-Projekten (DMADV) – oder auch vier, falls es etwas weniger sein darf (IDOV). Sieben Schritte für erfinderische Aufgaben (ARIZ 77), vier für Innovationsprojekte (D4, BMGI) – und so weiter. Eine Internet-Suche zu „Roadmap Innovation“ fördert nur für dieses Thema mehrere scheinbar allein-seelig-machende Vorgehensweisen zutage.

Schauen wir uns eine der ältesten Roadmaps an: Julius Caesar und sein Weg zu militärischen Siegen: Veni, vidi, vici. Zu Deutsch: ich kam, sah und siegte. Ganz offensichtlich fehlt noch etwas: es fehlt das „Wie“! Nehmen wir den allseits bekannten Fahrplan eines Verbesserungsprojektes DMAIC (Define, Measure, Analyse, Improve, Control): entscheidend ist, WIE ein Problem definiert wird, WIE Fakten gesammelt und analysiert werden und WIE eine Verbesserung erarbeitet und schließlich dauerhaft verankert wird.

Taiichi Ohno, der maßgeblich das „Toyota-Production-System“ entwickelt hat, soll einmal gefragt worden sein, warum er so freizügig sogar Automobil-Unternehmen Zugang zu seiner Fertigung gebe: „Die meisten fragen, WAS wir tun. Manche fragen, WIE wir es machen. Keiner fragt nach dem WANN und WARUM“.
Zurück zu „DMAIC“. D-M-A-I-C beschreibt, das Was in jeder Phase. Ein „Mensch vom Fach“ wird auf Anhieb am Resultat der Arbeit erkennen, wie sauber gearbeitet wurde. Aber nur der Meister wird in jeder Situation erkennen, wann und warum bestimmte Werkzeuge zu verwenden sind.

Bleiben Sie also nicht stehen bei dem „Was“ („aha, Toyota hat Kanban“) oder dem „Wie“ („guck einer an: mit Kärtchen machen die das – wir kriegen das mit unserem ERP-System elektronisch besser hin!“). Fragen Sie immer auch nach dem „Wann“ und „Warum“! Und nehmen Sie sich die Zeit, es zu erlernen.

Probleme lösen mit Six Sigma

Six Sigma ist ein wenig aus der Mode gekommen. Zu viel Statistik und zu wenig Praxisbezug. Außerdem geht Lean schneller…  Aber selbst das Handwerk bei Six Sigma sollten wir sehr hoch schätzen. Denn es ist oft der einzige Weg, Probleme zu lösen. Ich glaube deshalb, dass das Pendel irgendwann wieder zurückschlagen wird: Unternehmen werden Six Sigma „wiederentdecken“. Das folgende Beispiel zeigt warum. Den Kontext habe ich angepasst, um Rückschlüsse auf Unternehmen und gelöstes Problem auszuschließen.

Es gilt, einen galvanischen Abscheidungsprozess zu kontrollieren. Platten werden in einem Tauchbad mit einer Schutzschicht versehen. Die soll eine Dicke von 1300 Mikrometern haben, plus-minus 10 Mikrometer. Leider haut das nur in etwa der Hälfte der Fälle hin. Wir haben also einen „Null-Sigma“- und keinesfalls einen“ Six-Sigma“-Prozess vor uns!

Ein guter Six Sigma Black Belt kann Ihnen aus diesen historischen Daten  Maßnahmen ableiten, die eine Six-Sigma-Prozessfähigkeit durchaus denkbar machen (er oder sie wird nach einer soliden Methode vorgehen, sodass kein „Schnellschuss in den Ofen“ daraus wird).

Wie diese Maßnahmen aussehen, mögen Experten in Ihrem Unternehmen herausfinden. Auf jeden Fall sind Sie sehr daran interessiert: Denn wenn Sie vorher etwa die Hälfte der galvanisch beschichteten Platten auf dem grauen Markt „versenken“ mussten, weil die Schichtdicke nicht stimmte, dann müssen Sie das nach diesem Projekt rein rechnerisch nur noch mit 3 oder 4 Platten von einer Million tun. Es geht also um sehr viel Geld…

Übrigens: dieses Problem mag man Ihnen bei unseren Einstellungsgesprächen vorlegen. Denn unsere Leute sollten auf Anhieb solche „rein handwerklichen“ Probleme lösen können…

Unser Problem: wir haben keine Brücke über den Fluss

Wir verkaufen Bananen auf der anderen Seite des Flusses. Hier bei uns wachsen sie, aber die Absatzmärkte sind nun einmal dort drüben. Und jeden Morgen dasselbe: Bananen pflücken, in Kisten laden, die dann auf den Esel und los. Die Uferböschung runter, das macht der Esel nicht mit, da muss der Fährmann mit anpacken, falls er schon wach ist. Genauso kommen wir auf der anderen Seite wieder rauf. Hoffentlich steht dort auch schon unser Freund mit seinem Esel, der die Kisten dann zum Markt bringt. Jeden Tag der gleiche Ärger.  

Klar: uns fehlt eine Brücke!

„Stopp“ sagen Sie jetzt, „ wozu die Brücke?“ –  „Oh, wir sollten spätestens um sieben Uhr auf dem Markt sein. Ab acht Uhr fallen die Preise massiv. Wir brauchen etwa eine Stunde, um die Bananen loszuwerden“.  –  „Wann kommt ihr denn derzeit an?“, fragen Sie.

Jetzt müssen Sie sich anhören, wer wie unpünktlich ist, dass die Esel störrisch sind, die Böschung bei Regen glitschig oder der Fluss zu reißend wird –  und so weiter. – „Ja, um wie viel kommt ihr denn zu spät?“, wiederholen Sie Ihre Frage. Wir haben keine Aufzeichnungen. Finden wir auch unwichtig, denn das Problem ist doch klar: wir kommen zu spät und das zu oft. Es geht darum, etwas dagegen zu tun!

Stellen Sie sich nun vor, es gelänge Ihnen, uns davon zu überzeugen, über eine gewisse Zeit Daten zu sammeln. Das ist nicht leicht, denn so etwas bedeutet Mehraufwand. Sie wollen unsere Ankunftszeiten. Und die Erlöse, die wir jeweils für eine gegebene Anzahl Bananen zu unterschiedlichen Uhrzeiten haben realisieren können. Aus den so gewonnen Rodaten ergibt sich folgendes Bild:

Graphische Ausbereitung der verfügbaren Rohdaten

X: Uhrzeit. Y1: Ankunftszeiten. Y2: realisierte Stückpreise.

Tatsächlich kommen wir gelegentlich erst an, wenn die Preise schon fallen. Qualitativ ist das nicht neu. Aber Sie leiten aus der quantitativen Beschreibung unserer Ankünfte und des Preisverfalls nun ab, dass wir etwa ein Drittel unseres möglichen Umsatzes verlieren. Pro Tag sind das $25. Für uns ist das viel.

Ist die Brücke weiterhin die beste oder gar einzige Lösung?

Falls Sie gelegentlich Problemlösungen in Auftrag geben: diese Art der Problembeschreibung ist IHRE Verantwortung! Sie vergeuden sonst wertvolle Zeit und Ressourcen. Und an alle Spezialisten: unsere Problembeschreibung hier ist noch unvollständig. Der Lösungsraum spannt sich deshalb nicht so klar auf, wie Sie es gewohnt sind.

„Denken Sie lösungsorientiert!“

Letzte Woche, selbiges Seminar. Da war es wieder:  „Sehen Sie nicht überall Probleme – denken Sie lösungsorientiert!“ – Das klingt gut und richtig. Aber wir lassen uns damit so manche Chance durch die Lappen gehen.

Menschen können ihr Problem oft gut beschreiben – und zwar als Abwesenheit einer Lösung. „Das Problem ist, dass wir kein SAP haben“. Oder  „wir brauchen mehr Hände, um diese Arbeit zu bewältigen“ und „wir müssen den Grad der Automatisierung erhöhen.“  So sehen lösungsorientierte Problembeschreibungen aus. 

Aber dann dauert die SAP-Einführung zu lange, es ist gerade einmal wieder Einstellungsstopp und bei der automatischen Sortiermaschine macht der Betriebsrat nicht mit. Wir lernen also, mit dem Problem zu leben.  So wird es ja auch zur „Herausforderung“, die es zu meistern gilt. Da war ja bei all den anderen Problemen vorher auch schon so.

Verstanden. Aber wie denkt man eigentlich problemorientiert?

Wir haben keine Probleme – höchstens Herausforderungen!

Nach einem eintägigen Management-Workshop kam letzte Woche ein Teilnehmer zu mir: „Sie wissen ja schon, dass Sie unser bisheriges Vorgehen auf den Kopf stellen, oder?“ – „Warum das denn?“ – „Mir hat man über Jahrzehnte beigebracht, dass es keine Probleme gibt, höchstens Herausforderungen. Und jetzt erzählen Sie uns von Problemdefinition, Problembeschreibung, Problemlösungsansätzen und so weiter“.

Wenn es wirklich so ist, dass Unternehmen nicht „problemorientiert“ sondern „lösungsorientiert“ denken und wenn Führungskräfte und Mitarbeiter Probleme als „Herausforderungen“ bezeichnen und damit letztlich kleinreden, dann tun sich hier vermutlich gewaltige Möglichkeiten auf.

Gehen nicht zuletzt große Erfindungen darauf zurück, dass Menschen Probleme erkennen, wo andere nicht einmal Herausforderungen und meist nur „Alltag“ sehen? Bis gegen Ende der 1990er Jahre haben wir das Internet wie ein Telefonbuch genutzt: tippe eFlowers.com in den Browser und bestelle Blumen.  Ich kann mich noch an Post-it Zettel mit Web-Adressen am Bildschirm erinnern.  Das war kein Problem, im Gegenteil: es war sehr praktisch, oder? Und hat vor der Erfindung des Rades dieses irgendjemandem überhaupt gefehlt? – Kein Problem also.

Wenn es so ist, dann müssen wir die Dinge tatsächlich auf den Kopf stellen: anstatt „Herausforderungen“ zu sehen, wo Probleme sind, sollten wir lernen, Probleme zu erkennen. Und zwar erst recht dann, wenn die Konkurrenz nur „Status Quo“ und „Alltag“ wahrnimmt!

Albert Einstein soll einmal gesagt haben: „wenn ich eine Stunde Zeit hätte, um ein Problem zu lösen, dann würde ich die ersten 50 Minuten darauf verwenden, es gut zu beschreiben“. Oh, stellen wir jetzt fest: die wahre Kunst besteht vermutlich darin, Probleme überhaupt erst einmal zu erkennen. Aber dafür müssen wir sie auch so nennen!